Die Zucht essbarer Insekten

Die UNO beziehungsweise die FAO (Food and Agriculture Organization) empfehlen Insekten als Nahrungsmittel. Bereits ein Drittel der Weltbevölkerung halten sich an dieses Konzept. Jedoch gelten Insekten in den meisten Industriestaaten als Schädlinge. Viele Einwohner betrachten sie mit Ekel. Doch was ist dran an Heuschrecken, Würmern und Co. als nahrhafter Snack? Hier die Fakten.

Die wichtigsten Fakten auf einen Blick:

  • Insekten liefern viele wichtige Nährstoffe, sind reich an hochwertigen Proteinen und lebensnotwendigen Ballaststoffen
  • Insekten können platzsparend produziert werden
  • sie besitzen ein schnelles Wachstum, dadurch sind sie nachhaltig
  • die Produktion ist umweltfreundlich, da sehr wenig Wasser benötigt wird und im Gegenzug kaum CO2 entsteht
  • Insekten besitzen, nach dem heutigen Stand der Forschung, kein Schmerzempfinden, denn sie besitzen ein weitaus primitiveres Nervensystem

Warum sollten Insekten regelmäßig auf dem Speiseplan stehen?

Insekten könnten eine nachhaltige Alternative zum Fleisch mit einer weitaus günstigerer Ökobilanz darstellen. Nach zahlreichen Studien wurde festgestellt, dass für die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch rund 4x mehr Futter, ca. 50x mehr Wasser und mindestens 12x mehr Stellfläche benötigt wurde. Zudem erzeugt die Rinderzucht etwa 100x mehr für die Umwelt schädliches CO2 im Vergleich zu einem Kilogramm produziertem Insektenfleisch.
Insekten als Nahrungsmittel sind jedoch nicht nur umweltfreundlich und kostengünstig. Sie sind auch sehr nahrhaft und beinhalten jede Menge Nährstoffe wie Fette und Proteine sowie Vitamine, die für den menschlichen Organismus nicht nur gesund, sondern auch lebensnotwendig sind.
Hinzu kommt, dass eine Übertragung von Krankheiten bei dem Verzehr von Insekten ausgeschlossen ist, sofern diese unter kontrollierten hygienischen Bedingungen gehalten, gefüttert und verarbeitet werden. Es gibt also keinen vernünftigen Grund mehr, auf Insekten als Nahrungsmittel zu verzichten.

Wie steht die Gesellschaft zum Verzehr von Insekten?

In den Entwicklungsländern stehen Insekten schon seit jeher regelmäßig auf dem Speiseplan. Und das nicht nur, weil sie leicht zu bekommen sind, sondern auch, weil sie eine wertvolle Proteinquelle sind und auch richtig zubereitet gut schmecken.
In den reichen Industrieländern der Welt sieht das jedoch anders aus. Auch dort wurden in der Vergangenheit Insekten gegessen. Mit der Zeit jedoch ist das Nahrungsangebot so angestiegen und reichhaltig geworden, dass heute immer und überall auf eine Vielzahl unterschiedlicher Nahrungsmittel zugegriffen werden kann. Die Industrie und Tierzucht gewann zunehmend an Bedeutung. Daher musste man nicht mehr unbedingt auf die winzigen Insekten als Nahrungsmittel zurückgreifen.
Im Gegenteil: Da diese sich gerne in den Vorratsspeichern der Menschen bedienten, wurden sie zum Ärgernis. Die Lebensmittel wurden durch den Kot verunreinigt und verdarben schneller. Daher wurden Insekten bald verteufelt und als vermeidliche Krankheitserreger und Schädlinge bekämpft. Auch heute noch ekeln sich viele Menschen vor Insekten und könnten sich niemals vorstellen, diese zuzubereiten und zu verspeisen. Leider. Denn Insekten als Nahrungsmittel besitzen eigentlich nur Vorteile. Wenn man denn weiß, woher man die Tiere als hochwertige Nahrungsmittel herbekommt.

Woher sollten die Insekten zur menschlichen Ernährung stammen?

Wer sich jetzt dazu entschließt, seine Ernährung anzureichern, sollte jedoch nicht einfach in die Natur gehen und sich Würmer oder Käfer einfangen. Denn auch wenn eine Übertragung von Krankheiten durch den Verzehr von Insekten nicht nachgewiesen werden konnte, so kann man bei freilebenden Insekten nie wissen, wo sie vorher gewesen sind. Denn Insekten lieben verwesendes Aas und stinkende Abfälle.
Besser ist es, sich die Tiere aus einer kontrollierten Zucht zu besorgen. Hier stimmen die hygienischen Haltungsbedingungen sowie das gereichte Futter. Viele Zoohandlungen vor Ort bieten verschiedene Insekten an, die zwar für die Reptilien gedacht sind, sich jedoch auch für den Menschen eignen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte zu Insekten aus einer Bio Zuchtanlage greifen, die zur menschlichen Ernährung geeignet sind. Auch das Internet bietet bereits eine breite Palette an essbaren Insekten an, lebend, getrocknet oder bereits verarbeitet. Es ist also für jeden Geschmack etwas dabei.

Welche Insekten eignen sich für die menschliche Ernährung?

Es gibt weltweit über 2000 für den Menschen essbare Insekten. Wer sich mit dem Thema erst vertraut macht, für den eignen sich besonders Mehlwürmer oder Bienenlarven für den Einstieg.
Je nach Insektenart ist die Haltung und Zucht recht einfach. Das Internet bietet eine große Anzahl an informativen Videos oder Blogeinträgen, die beweisen, dass die eigene Insektenzucht problemlos auch in einer kleinen Wohnung erfolgen kann. Und das ohne den Verlust an Lebensqualität. Man sollte sich vorab nur erkundigen, wie die Unterbringung erfolgen sollte und welche Insekten sich überhaupt für die Zucht und den Verzehr eignen.
Mehlwürmer stammen aus der Familie der Schwarzkäfer. Sie werden als Larven bis zu 4 cm lang und ernähren sich hauptsächlich von Stärke, also Backzutaten und Getreideprodukten.
Buffalowürmer sind die Larven des glänzend schwarzen Getreideschimmelkäfers und gehören zur Familie der Schwarzkäfer. Sie gleichen im Aussehen den Mehlwürmern, sind jedoch fast doppelt so groß. Sie schmecken etwas nussig und sind im Vergleich zum Mehlwurm etwas weicher und daher angenehmer im Verzehr.
Heimchen und Grillen gehören zur Ordnung der Langfühlerschrecken (Ensifera), zu denen auch die größeren Heuschrecken zählen. Wer Langfühlerschrecken zu Hause zum Verzehr züchten möchte, sollte bedenken, dass viele Arten „singen“. In Japan sind sie deshalb sogar beliebte Haustiere.
Heuschrecken sind hervorragende Proteinlieferanten. Sie vermehren sich schnell und können in Freiheit schnell zur Plage werden, wenn sie alle paar Jahre als riesiger Schwarm auftreten. In den Entwicklungsländern zählen sie zu den beliebtesten essbaren Nahrungsmitteln, da sie recht groß und überall vorhanden sind.
Die Larven von Bienen eignen sich nicht für die Zucht in den eigenen vier Wänden. Sie sollten lebend, zum Beispiel im Internet oder einem lokalen Imker vor Ort, bestellt werden. Bienenlarven können auf unterschiedlichste Art zubereitet werden. Gedämpft, kross frittiert oder karamellisiert sind nur einige Geschmacksrichtungen. Wer sich traut, sollte sie in einem der anbietenden Restaurants einmal probieren.

Kann man Insekten auch selbst züchten?

Wer Insekten als Nahrungsmittel ausprobiert hat und sich nun entschließt, sie regelmäßig in den Speiseplan einzubeziehen, der kann sich seine Tiere auch selbst züchten. Das geht ganz einfach und kostengünstig sowie platzsparend und ohne großen Zeitaufwand. Und man weiß genau, was anschließend auf dem Teller landet. Denn je nachdem, wie man seine Insekten, zum Beispiel Mehlwürmer, füttert, so können auch die Inhaltsstoffe leicht variieren. Erste Studien gibt es bereits dazu. Auch wenn es keinen allzu großen Unterschied macht, ob bei der Aufzucht Wurst und Fleisch oder aber überwiegend Gemüse beziehungsweise Getreideprodukte füttert.
Zur Haltung wird anfangs nur ein entsprechend ausbruchsicheres Gefäß benötigt. Anfänger sollten mit Mehlwürmern oder Buffalowürmern beginnen, da diese einen schnellen Zuchterfolg versprechen und sehr einfach in der Haltung und Pflege sind. Eine einfache Plastikdose genügt als Unterbringung, sofern eine gute Luftzirkulation gewährleistet werden kann. Als Bodenmaterial können zum Beispiel eine 3-4 cm hohe Schicht mit Haferflocken genommen werden. Mehlwürmer reinsetzen und hin und wieder mit etwas Gemüse, einer Scheibe Wurst oder Fleisch beziehungsweise nicht vergammelten Küchenabfällen füttern. Wasser benötigen diese Tiere nicht, da sie ihre Flüssigkeit aus dem Futter beziehen.
Die Mehlwürmer verpuppen sich erst, bevor letztendlich der eigentliche Käfer schlüpft. Dieser ist anfangs bräunlich und nimmt später die typische schwarze Farbe an. Die Käfer sind schnell geschlechtsreif, verpaaren sich und legen Eier, aus denen wiederum Mehlwürmer schlüpfen. Diese können nun „geerntet“ und weiterverarbeitet werden.
Bei der regelmäßigen Kontrolle sollte verschimmeltes Futter zeitnah entfernt werden. Es empfiehlt sich ebenfalls, Larven und Käfer in jeweils separate Behälter unterzubringen. Denn Mehlwürmer neigen zum Kannibalismus und würden die eher unbeweglichen Puppen sonst anfressen.

Wie erntet und verarbeitet man Insekten schonend?

Insekten sind wechselwarme Tiere. Das bedeutet, dass sie ihre Körpertemperatur den wechselnden Umweltbedingungen anpassen. Bei der Haltung müssen also keine Vorkehrungen getroffen werden, um zum Beispiel ein bestimmtes Klima inklusive Temperatur zu erzeugen. Das spart, im Gegensatz zu der Haltung von vielen Reptilien, eine Menge an Stromkosten. Denn die Mehlwürmer lieben es zimmerwarm und eher dunkel.
Werden Insekten in eine kühle Umgebung gebracht, so senken sie ihre Körpertemperatur und fallen, je nach Temperaturabfall, in eine natürliche Winterstarre. Hält diese weiterhin an, so versterben sie. Diese ist völlig stressfrei und schmerzlos für die Tiere. Zur Verarbeitung vorgesehene Insekten müssen daher nur für eine kurze Zeit in einem Behälter in das Gefrierfach gelegt werden. Danach können sie dem Rezept entsprechend zubereitet und verspeist werden, ohne, dass man ein schlechtes Gewissen haben muss.

Welche Nährstoffe besitzen Insekten?

Insekten sind voll von sehr hochwertigem Eiweiß. Außerdem besitzen sie einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren sowie Vitamine und Mineralstoffe. Dazu gehören die für die menschliche Ernährung wichtigen Inhaltsstoffe wie beispielsweise Eisen, Magnesium und Kupfer, aber auch Zink, Mangan und Selen. Sie sind also äußerst nahrhaft und sehr gesund. Das hat auch die Ernährungswissenschaft erkannt und befürwortet Insekten als sehr gute Nährstofflieferanten.

Gibt es Unverträglichkeiten bei essbaren Insekten?

Insekten werden allgemein gut vertragen und können einer einseitigen Mangelernährung entgegenwirken. Jedoch kann es vereinzelt zu gesundheitlichen Problemen kommen bei Menschen, die gegen Schalentiere allergisch sind. Diese Personen sollten daher auch auf den Verzehr von Insekten verzichten.

Und wenn man interessiert ist, sich jedoch vor dem Anblick von Insekten ekelt?

Es gibt viele Möglichkeiten, die Vorteile von essbaren Insekten in den Speiseplan zu integrieren, ohne sich beim Anblick schütteln zu müssen. Denn es gibt bereits verschiedene Produkte, in denen die Tiere (und somit die zahlreichen wertvollen Inhaltsstoffe) in Form von Insektenmehl verarbeitet wurden. Hierbei werden die Tiere getrocknet und anschließend zu einem Pulver vermahlen, der nicht mehr an ekelige Insekten erinnert. Daraus entstehen dann die verschiedenen Produkte. Insekten-Nudeln, Insekten-Proteinriegel sowie Burger Patties mit Insektenpulver sind nur einige Beispiele, die bereits in vielen Supermärkten zu finden sind.

Wie sieht die Ökobilanz aus?

Wie bereits erwähnt, hinterlassen Insekten nur einen sehr kleinen Fußabdruck in der Natur. Sie können umweltfreundlich und kostensparend produziert werden. Hinzu kommt, dass sie zu 100% zu essbaren Lebensmitteln verarbeitet werden können. Bei Rindern zum Beispiel gelingt dies nur zu ca. 65%. Der Rest ist nicht für den menschlichen Verzehr geeignet.
Erwähnt werden sollte ebenfalls, dass Insekten sehr robust sind und nicht so anfällig Krankheiten gegenüber. Selbst in der Massenhaltung. Es kommen keine Medikamente oder andere Substanzen zum Einsatz, die sowohl die Umwelt schädigen als auch für den Menschen gefährlich werden können.

Was ist aktuell und in Zukunft möglich?

Aktuell kommen viele Insekten, die für die menschliche Ernährung gedacht sind, noch aus den Entwicklungsländern, wo sie von Hand von der ärmeren Bevölkerungsschicht in der Natur eingesammelt werden. Das hat den Vorteil, dass zum Beispiel Heuschreckenschwärme seltener auftreten und so keinen großen Schaden mehr an den Feldpflanzen anrichten können. Außerdem bekommen die Bauern etwas Geld, wodurch ihr Lebensstandard erhöht wird.
Durch das steigende Interesse in den Industriestaaten werden aber zunehmend immer mehr sogenannte Zuchtfarmen aufgebaut, die auch die hiesige Bevölkerung mit hochwertigen Insekten beziehungsweise Insektenmehl versorgen können. Auch die Regierung hat inzwischen reagiert und mit der Novel Food Verordnung festgelegt, dass unter bestimmten Richtlinien auch Insekten als Lebensmittel gehandelt werden dürfen.
In Zukunft werden Insekten als Nahrungsmittel immer stärkere Bedeutung erlangen. Denn der stetig steigende Bedarf an hochwertigem Protein kann nicht mehr lange nur durch die traditionelle Viehzucht beziehungsweise pflanzlichen Eiweißlieferanten gedeckt werden.


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