Steuerung von Rollstühlen und Rollatoren bald gedanklich möglich?

Es erinnert eher an einen Ausschnitt eines Science-Fiction Films: Die Steuerung von Geräten ohne jegliche Bewegung! Doch dies könnte bald eine alltägliche Situation für uns werden. Gerade körperlich eingeschränkte Menschen wären über so eine Erfindung sicherlich erfreut. Doch ist die Steuerung von Rollstühlen oder Rollatoren wirklich per Gedankenübertragung möglich?

Einige Fakten zur aktuellen Situation für Rollstuhl- und Rollatornutzer

Kosten für einen Rollstuhl

Der Leistungsträger, was in der Regel die Krankenkasse ist, übernimmt die Kosten für einen Rollstuhl. Diese werden allerdings nur im Rahmen einer festgelegten Kostenpauschale bezahlt, welche sich je nach Behinderung richtet. Auf diese Leistung hat jeder Betroffene einen Anspruch.

Kosten für einen Rollator

Ein Rollator ist ein sogenanntes bewilligungsfreies Hilfsmittel. Um diesen von der Krankenkasse bezahlt zu bekommen, muss eine Verordnung von einem Vertragsarzt/ärztin oder eines Wahlarztes/ärztin vorliegen. Allerdings sind auch hier einige Besonderheiten zu beachten.

Unterschied zwischen Rollstuhl und Rollator

Der Unterschied liegt darin, dass ein Rollstuhl für Menschen gemacht wurde, welche keine Möglichkeit haben, sich eigenständig fortzubewegen. Der Rollator hingegen ist ein Hilfsmittel für Menschen, welche sich nur schwerfällig bewegen können, d.h. über eine noch vorhandene, aber eingeschränkte Bewegungsfreiheit verfügen.

Die Fakten zusammengefasst:

  • Kosten für Rollstühle werden mit einer festgelegten Kostenpauschale übernommen
  • Kosten für Rollatoren werden nur übernommen, wenn eine Verordnung des Arztes vorliegt
  • Je nach Bewegungsfreiheit, können Menschen einen Rollator oder Rollstuhl benutzen

Die neueste Erfindung in Sachen Rollstuhl

Ein internationales Team aus Wissenschaftlern der Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) und des BG Universitätsklinikums Bergmannsheil in Bochum stellten ein Projekt ihrer Forschung vor, welches zum Ziel hat, eine Gedankensteuerung zu entwickeln. Diese Steuerung soll beispielsweise querschnittgelähmten Menschen ermöglichen, ohne externe Hilfe mobil zu sein. Dazu haben die Forscher ein sogenanntes Brain-Computer-Interface (BCI) entwickelt. Das BCI-System soll querschnittsgelähmten Personen in Zukunft die Möglichkeit der selbstständigen Fortbewegung geben.
Und so funktioniert es: Die elektrischen Gehirnimpulse des Fahrers werden über ein Art Mütze erkannt und in Steuerungsbefehle umgewandelt, welche den elektrischen Rollstuhl bewegen sollen. So kann der Fahrer jegliche Befehle geben, welche der Rollstuhl erkennt und umsetzt.

Studien zeigen ersten Erfolge

Die Probanden mussten ein Training absolvieren und anschließend eine Probefahrt machen, in welcher sie eine Teststrecke mit Hindernissen, Kurven und sogar Richtungswechsel abfahren mussten. Die Teilnehmer waren alle querschnittsgelähmt und bedienten einen elektrischen Rollstuhl mit dem integrierten BCI. Die Teststrecke wurde von den ersten Probanden erfolgreich absolviert.

Wie funktioniert das Brain-Machine-Interface?

Bevor der elektrische Rollstuhl per Gedankenübertragung gelenkt werden kann, muss das BCI individuell auf jeden einzelnen Fahrer trainiert werden. Die Individualität jedes BCI’s ist hier also absolute Voraussetzung.
Für das Training werden die elektrischen Impulse des Gehirns über eine sogenannte Enzephalographie-Haube (EEG) gemessen und ausgewertet. Diese Haube befindet sich auf dem Kopf der Probanden und ähnelt einer Mütze mit vielen Elektroden darauf. Der Computer lernt durch diese Auswertung, welcher Impuls des Gehirns bei welcher gewünschten Aktion für den Rollstuhls abgegeben wird.
In Phase eins des Trainings werden die Gehirnströme, welche sich im Ruhezustand befinden, durch das BCI-System gespeichert. Anschließend stellt sich der Proband unterschiedliche Bewegungsmuster vor, die jeweils andere anatomische Bereiche im Bewegungszentrums des Gehirns beanspruchen.
Anhand der gespeicherten Daten filtert das BCI nutzlose Gehirnströme heraus, welche im Ruhezustand aufgezeichnet wurden und für die Nutzung der Steuerung nicht gebraucht werden. Durch die restlichen Gehirnimpulse werden Gehirnaktivitäten erkannt, aus welchen das System anschließend die erwünschte Bewegung ableitet und ausführt.

Wie sieht die Praxis aus?

In der Praxis könnte, den ersten Ergebnissen zufolge, ein Querschnittsgelähmter mithilfe des BCI’s zum Beispiel einen Befehl zur Steuerung abgeben, der den Rollstuhl nach links lenken lässt. Dies geschieht allein mit der Vorstellung, dass er in Gedanken seine Hände bewegt und somit seinen Rollstuhl lenken würde.
Visualisiert der Fahrer stattdessen wie er seine Füße bewegt, könnte dies beispielsweise eine Rechtskurve auslösen, je nachdem, wie die Bewegung vorher im Training definiert und gespeichert wurde.

Wäre der Fahrer trotzdem sicher?

Künstliche Intelligenz sorgt hier für absolute Sicherheit

Zur Vermeidung von Unfällen ist im System des BCI’s außerdem eine Künstliche Intelligenz (KI) einprogrammiert, welche den Rollstuhl im Notfall selbstständig anhalten kann. Um dies zu ermöglichen, verfügt der elektrische Rollstuhl an der Front über einen Laserscanner sowie eine Infrarot-Kamera. Diese zwei unabhängigen Zusätze erstellen somit 3D-Karten der Umgebung, welche in Echtzeit aufgezeichnet werden.
Eine der Karten zeichnet den geplanten Weg auf und konzentriert sich nur auf die Route, die zweite Karte soll frühzeitig Hindernisse erkennen. Sollte dann eine mögliche Kollision drohen, stoppt das System die Fahrt des Rollstuhls automatisch.

Wann könnten wir das Gerät nutzen?

Die Forscher erklären, dass es sich bei diesem Projekt noch um eine reine Grundlagenforschung handelt und noch keine Garantie für eine baldige Durchführung besteht. Die Wissenschaftler erhoffen sich jedoch, dass jeder Mensch, welcher weder Arme noch Beine nutzen kann, durch das BCI wieder mehr Selbstwert und auch wieder Mobilität gewinnt. Beide Punkte wären für das qualitative Leben eines Menschen von Nöten.
Wer all das nicht recht glauben kann, bekommt hier eine kleine Erklärung zum Thema Gehirnströme und wie sie gemessen werden können.

Was sind Gehirnströme überhaupt?

Sogenannte Gehirnströme sind nichts anderes als elektrische Aktivitäten im Gehirn, welche sich messen lassen. Diese Gehirnaktivität ist dem genetischen Fingerabdruck ähnlich, denn sie unterscheidet sich von Individuum zu Individuum.
Gehirnströme können im Übrigen nicht nur beim Menschen gemessen werden, sondern auch bei Tieren.

Wie werden die Gehirnströme gemessen?

Das sogenannte Elektroenzephalogramm, kurz EEG, ist ein neurologisches Messverfahren für Gehirnströme. Kurz gesagt, werden in diesem Verfahren die Gehirnströme gemessen und ausgewertet, je nachdem, was sich im Kopf der jeweiligen Person abspielt.
Hierzu werden Elektroden an der Kopfhaut des Patienten an festgelegten Punkten angebracht. In der Regel bekommt der Patient eine Gummimütze aufgesetzt. Auf dieser Gummihaube befinden sich alle Punkte, welche für die Messung benötigt werden. Die Punkte auf der Haube werden mit den Elektroden verbunden, damit eine aussagekräftige Messung erfolgen kann.
Wer sich nun fragt, wieviel Elektroden auf so einer Mütze sein können, erhält hier die Antwort: Die Anzahl der Elektroden variiert zwischen acht und über 100, die genaue Anzahl kann also nicht generell gesagt werden.
Die abgeleiteten Gehirnströme werden dann von einem Mehrkanalschreiber aufgezeichnet. Dies geschieht durch abgegebene Alphawellen, Betawellen, Thetawellen und Deltawellen.
Über Abweichungen im EEG kann ein Arzt in diesem Zusammenhang beispielsweise krankhafte Prozesse erkennen.
Zurück zu den Rollstühlen und Rollatoren. Solange diese neue Technik noch nicht genutzt werden kann, sollte man wenigstens die aktuell zur Verfügung stehenden Möglichkeiten kennen.

Welche Möglichkeiten stehen hier zur Verfügung?

Solange diese neue Erfindung noch nicht auf dem Markt ist, müssen beeinträchtigte Menschen jedoch mit den aktuellen Möglichkeiten vorliebnehmen. Doch auch hier gibt es schon fortschrittliche Rollstühle und Rollatoren.

Auswahl an Rollstühlen

Hier kann ausgewählt werden, welche Fähigkeiten gewünscht werden. Es gibt mittlerweile die verschiedensten Ausstattungen, welche hier kurz vorgestellt werden.
Einer der größten Unterschiede ist die Auswahl zwischen elektrisch oder ohne Motor. Die beeinträchtigte Person kann jederzeit wählen, ob der Rollstuhl manuell bedient werden soll oder ein Motor für den Antrieb sorgt. Außerdem gibt es eine Auswahl, wie viel Last der fahrbare Stuhl aushalten soll.
Auch kleine Ausstattungsmöglichkeiten können frei gewählt werden. Soll der Rollstuhl eine Feststellbremse haben? Sollen die Armlehnen verstellbar sein oder soll der Rollstuhl über Reflektoren und einen Kippschutz verfügen? Sehr beliebt ist im Übrigen die Möglichkeit, den Rollstuhl falten zu können und ihn so überall mit hinnehmen zu können.

Weiter zu den verschiedenen Arten von Rollatoren

Bei den Gehwägen geht es schon mehr ins Detail. Hier können Eigenschaften wie beispielsweise die Rutschbarkeit über ebene Flächen, die Sitzbequemlichkeit oder die Standfestigkeit beim Hinsetzen mit festgestellten Bremsen ausgewählt werden.
Weiterhin kann überprüft werden, ob der Rollator über eine einfache Betätigung der Bremse verfügt. Ein Vergleich sollte übrigens auch bei der Kippsicherheit und dem Balanceverhalten bei Hindernissen angestellt werden. Niemand möchte einen Rollator, welcher bequem ist, allerdings bei der kleinsten Kurve umkippt. Hier sollte stets auf die eigene Sicherheit geachtet werden.
Ähnlich wie beim Rollstuhl gibt es Rollatoren, welche unterschiedliche Lasten tragen können und über einen Faltmechanismus verfügen. Ein Zusatz ist die Verstellbarkeit der Griffhöhe, welche bei manchen Gehwägen angeboten wird.
Wer einen guten Vergleich möchte, kann sich gerne über die Website www.vergleich.org informieren.

Was heißt das nun im Klartext?

Die Erfindung des Rollstuhls, welcher sich per Gedankenübertragung steuern lässt, wäre eine unglaubliche Möglichkeit für alle beeinträchtigten Menschen und dementsprechend eine immense Erleichterung für diese. Die Messung der Gedanken bzw. Gehirnströme funktioniert über ein sogenanntes EEG, welches die Aktivitäten in unserem Gehirn misst. Doch solange diese Technik noch nicht verfügbar ist, gibt es eine große Auswahl an Rollstühlen und Rollatoren, welche ebenfalls über unterschiedliche Aspekte verfügen. Auch die aktuell nutzbaren Rollstühle und Gehwägen haben gute Ausstattungsmöglichkeiten und bieten bewegungsunfähigen Menschen eine große Hilfe.


ähnliche Beiträge