Die Wunder der Medizin

Eine Kamera mit einer 4-K-Auflösung. Ein Computerchip so groß wie ein Reiskorn. Ein Gerät, das eine gesprochene Sprache in Echtzeit übersetzt. Die meisten werden von all diesen neuen Technologien schon gehört oder gelesen haben. Denn neue Erfindungen sind nicht nur wichtig, sondern auch interessant. Sie lassen uns einen Blick in die Zukunft werfen und uns von einer besseren Welt träumen. Doch ein Thema bei den neuen Errungenschaften wird oft nur am Rande vermerkt: der medizinische Fortschritt. Viele bemerkenswerte Studien, neue Medikamente oder wegweisende Operationen bekommen nur einen kleinen Absatz in einer Fachzeitschrift. Warum das so ist, kann man nur ahnen. Vielleicht weil medizinische Fachbegriffe zu kompliziert klingen? Weil es uns nicht interessiert, solange wir sie nicht brauchen? Oder vielleicht, weil der Gedanke an Krankheit und Tod so nah mit der Medizin verbunden ist, dass wir ihr aus dem Weg gehen wollen?

Es geht vorwärts

Dabei gibt es so viele neue medizinische Fortschritte, die uns gesünder machen und unser Leben verlängern könnten. Mittlerweile ist es möglich ganze Extremitäten zu ersetzen, Organe können ausgetauscht werden und blinde Menschen können wieder sehen. Die Medizin ist ein Ort voller Wunder, der die Grenzen des menschlichen Körpers überwindet. Dabei kennen wir noch nicht mal all seine Geheimnisse. Also, was gibt es Neues in der Welt der Medizin? Viel, denn im Jahr 2019 wurde so viel Geld für medizinische Forschungen ausgegeben wie noch nie zuvor. Von 2020 bis 2023 könnten insgesamt bis zu 434 Zulassungen für neue Medikamente oder neue Medikamentenanwendungen erteilt werden. Und allein in Deutschland gab es 2018 über 540 klinische Studien zu über 196 verschiedenen Krankheiten. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs, wir wollen Ihnen jetzt die neuesten Fortschritte auf dem Gebiet der vier häufigsten Krankheiten kurz vorstellen.

Vielfältig und oft unheilbar: Krebs

Fast jeder kennt jemanden, der mit Krebs diagnostiziert wurde. 2018 gab es weltweit ca. 18 Millionen Menschen, die an den unterschiedlichsten Krebserkrankungen litten. Und diese Zahl wächst von Jahr zu Jahr an. Es gibt viele Ursachen, die Krebs auslösen können: Rauchen, Vererbung, Umwelteinflüsse und manchmal ist es auch nichts davon. Es gibt Brustkrebs, von dem hauptsächlich, aber nicht nur, Frauen betroffen sind, es gibt Prostatakrebs, an dem nur Männer leiden, es gibt Lungenkrebs, an dem allein 1,5 Millionen Menschen jedes Jahr sterben oder es gibt den Bauchspeicheldrüsenkrebs, dessen Verlauf in den meisten Fällen tödlich endet. Krebs ist schwer greifbar und nimmt so viele unterschiedliche Formen und Verläufe an, dass es schwer ist eine einheitliche Heilung zu finden. In manchen Fällen kann operiert werden, bei anderen hilft nur eine Chemotherapie. Doch es besteht Hoffnung, denn allein in Deutschland wurden 2019 zehn neue Medikamente gegen Krebs zugelassen. Aber die Forschung geht noch weiter. Viele Wissenschaftler arbeiten gerade an sogenannten „targeted therapies“, das sind Therapien, die sich nur an ganz speziellen Eigenschaften der Krebszellen orientieren. Das heißt, sie greifen nur ein bestimmtes Merkmal des Krebses an, das nur ihm innewohnt und verschonen so andere, gesunde Zellen. Zum Beispiel blockiert eine dieser Therapien die Übertragung des Wachstumssignals an die Krebszellen, so wird verhindert, dass sie sich zu schnell ausbreiten und so nicht mehr heilbar sind. Einige der erforschten Wirkstoffe sind schon für bestimmte Indikationen zugelassen, doch die meisten befinden sich hier noch in der Entwicklung und müssen zuerst die klinischen Studien durchlaufen. Zudem werden die molekularbiologischen Wirkstoffe zunächst nur in fortgeschrittenen Krankheitsstadien getestet, aber wenn dort erst einmal Erfolge erzielt wurden, steht nichts mehr im Weg, diese Form der Therapie bei allen Krebsarten und Krankheitsstadien anwenden zu können.

Forschung bei Schlaganfällen

6,2 Millionen Menschen erleiden jährlich einen Schlaganfall und somit ist es die zweithäufigste Todesursache. Und was kann man dagegen tun? Oftmals gar nichts, denn hier bestimmen schon Sekunden über Leben oder Tod. Und obwohl es immer mehr Fortschritte bei der Behandlung in der Akutphase gibt, ist es noch ein langer Weg bis zur Heilung. Die Thrombektomie, ein operativer Eingriff, bei dem ein Blutgerinnsel entfernt wird, hilft vielen Patienten dabei, dem Tod zu entkommen und die Folgen eines Schlaganfalls zu mildern, aber zur Zeit kann dieser Eingriff nur gemacht werden, wenn das Gerinnsel noch keine signifikante Schädigung am Gehirn verursacht hat. Die Tension-Studie hat sich der Aufgabe verschrieben, diesen Missstand zu beheben und prüft gerade, ob der Eingriff auch Patienten mit einer ausgeprägten Hirnschädigung Linderung verschaffen kann. Eine weitere Studie aus dem europäischen Raum testet, ob eine Hoch-Dosis-Sauerstoff-Therapie die Folgen eines Schlaganfalls mindern kann. Es gibt noch zahlreiche anderen Studien, wobei die meisten sich zur Zeit darauf konzentrieren, die Folgen zu verhindern oder abzuschwächen.

Diagnose HIV

Immer noch fordert Aids 1,6 Millionen Menschenleben jährlich und die Zahl der Neuinfizierten stieg sogar über die letzten 10 Jahre wieder an, trotz weltweiter Aufklärungskampagnen. Mittlerweile sind die Medikamente so gut, dass sie vielen Menschen noch zahlreiche und beschwerdefreie Lebensjahre schenken, doch geheilt werden kann niemand. Bis jetzt. Denn Anfang diesen Jahres kam es zu einer weltweit medizinischen Sensation: ein zweiter HIV-Patient wurde geheilt, bei ihm sind keine HIV-Viren mehr nachweisbar. Das erste Mal passierte dieses Wunder vor 10 Jahren, als Timothy Ray Brown von HIV geheilt wurde. Passiert ist das in beiden Fällen durch eine Knochenmarktransplantation. Doch das hatte leider einen traurigen Grund, denn die beiden Männer mussten diese schmerzhafte und höchst gefährliche Erfahrung nicht wegen ihrer HIV-Erkrankung machen, sondern weil sie zudem an Leukämie erkrankt waren und dies der einzige Weg war, um sie davon zu heilen. Daher sind und bleiben diese Personen erst einmal die einzigen Menschen, die von HIV geheilt wurden. Aber dafür ist die Behandlung mithilfe von Medikamenten schon so gut, dass bei den Erkrankten ein Ausbruch verhindert werden kann und sie ein langes und beschwerdefreies Leben führen können. Mittlerweile sind sogar Medikamente in der Testphase, die die Weitergabe von Aids verhindern können.

Oft unterschätzt: Diabetes

Gegen Aids, Krebs oder einem Schlaganfall hört sich die Zuckerkrankheit Diabetes nicht gerade gefährlich an. Doch unterschätzen sollte man sie lieber nicht, immerhin leiden weltweit über 400 Millionen Menschen an dieser Krankheit. Und jährlich sterben 1,4 Millionen Menschen daran. Nicht diagnostizierter oder schlecht eingestellter Diabetes kann nämlich zum Versagen von lebenswichtigen Organen, zu Herzinfarkten oder Schlaganfällen führen. Es gibt zwei Arten von Diabetes, Typ 1 und Typ 2. Typ 1 tritt nicht sehr häufig auf, wohingegen Diabetes Typ-2 95% aller Erkrankten betrifft. Zwar spielt bei Diabetes die Vererbung eine Rolle und erhöht die Wahrscheinlichkeit an Diabetes zu erkranken, doch besonders bei Typ-2 spielt die Lebensführung eine wichtige Rolle. Übergewicht, Rauchen oder Trinken, all das erhöht die Wahrscheinlichkeit an Diabetes zu erkranken signifikant. Das Beste, was man also tun kann, um Diabetes zu verhindern, ist ein gesunder Lebensstil. Kommt es nun doch zu einer Diabetes-Erkrankung, muss man zum Glück nicht gleich verzagen. Eine gesunde Lebensweise zusammen mit ärztlicher Betreuung und medikamentöser Einstellung hilft dabei, den Diabetes in den Griff zu bekommen und ein normales Leben zu führen. Und auch die Forschung gibt nicht auf und so wurde eine künstliche Bauchspeicheldrüse entwickelt. Diese findet man nicht im menschlichen Körper, sondern es handelt sich hierbei um ein selbstregulierendes System, das immerzu den Blutzuckerwert im Körper misst und, falls nötig, Insulin zuschießt. Im Moment wird dieses Gerät nur an Typ-1-Diabetikern getestet, aber eine Adaption für Typ-2-Betroffene ist schon in der Entwicklung.

Die Forschung in der Medizin macht riesige Fortschritte, die uns immer wieder Hoffnung schenkt und den Geist der Technologie in unsere Herzen trägt: es gibt noch Wunder.


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