Autonomes Fahren

Autonomes Fahren bedeutet „selbständiges Fahren“ und wird mit Fahrzeugen aller Art in Verbindung gebracht. Das heißt, dass sich diese im Modus eines Autopiloten befinden. Somit sind sie in der Lage, ohne das Eingreifen eines Menschen selbständig zu lenken, zu beschleunigen, zu blinken, zu bremsen, etc. Automatisiertes Fahren ohne menschlichen Fahrer ist die Vision der Zukunft oder bereits Realität?

Wie sieht der diesbezügliche Stand der Technik 2020 aus?

Die Hersteller sowie Zulieferer der Automobilindustrie sind teilweise schon sehr erfolgreich tätig. Darüber hinaus werden immer mehr Halbleiter- und Sensorhersteller sowie Mobilfunknetzbetreiber in diesem Bereich tätig. Da es sich hier größtenteils auch um Digitalisierung und deren praktische Anwendungen geht, ist dies auch nicht weiter verwunderlich. Im Bereich des öffentlichen Verkehrs wird immer mehr daran gedacht, Züge oder Busse ohne Fahrer einzusetzen. Deshalb wird danach getrachtet, die Sicherheit durch automatische Not-Aus-Schalter und -Systeme zu gewährleisten.

Wie funktioniert automatisiertes Fahren im Detail?

Das Fahren an sich funktioniert im Autopilotenmodus bei den meisten Fahrzeugtypen schon recht gut. Bedenken bestehen vor allem in puncto Sicherheit der Fahrgäste und die Reaktion bei unvorhersehbaren Ereignissen. Diese sollten jedoch durch präzise Sensortechnik ausgeräumt werden. Laut der Society of Automotive Engineers gibt es fünf Stufen des autonomen Fahrens. Diese werden weltweit gleich angesehen. Stufe 0 steht für überhaupt keine Automation.
Bei der Stufe 1 ist die Ausstattung mit einem Antiblockiersystem (ABS) oder einem elektronischen Stabilisierungsprogramm (EPS) versehen. Stufe 2 enthält bereits mehrere automatisierte Teilaufgaben, wie zum Beispiel einen Spurwechselassistenten, eine automatische Notbremsung oder eine adaptive Geschwindigkeitsregelung. Der Fahrer behält aber immer noch die Oberhoheit über das Fahrzeug. Die Stufe 3 erlaubt dem Fahrzeug bereits die streckenweise selbständige Lenkung, Bremsung oder Beschleunigung. Im Bedarfsfall verlangt das System vom Fahrer, wieder die Kontrolle zu übernehmen. Stufe 4 bedeutet, dass das Fahrzeug vollständig ohne Fremdhilfe fahren kann. Im Notfall kann der Fahrer jederzeit eingreifen und übernehmen. Die Stufe 5 besagt, dass das Fahrzeug autonom und vollautomatisiert fährt, ohne dass der Fahrer die Möglichkeit hat, einzugreifen.

Seit wann ist diese Technik bekannt?

Automatisiertes selbständiges Fahren wurde 1968 von Continental erfunden. Der weltbekannte Automobilzulieferer ließ einen Mercedes 250 (W119) fahrerlos auf dem Contidrom-Rundkurs in der Lüneburger Heide fahren. Dies geschah eigentlich, wie bei den meisten bekannten Erfindungen, zufällig. Es sollten lediglich Reifen getestet werden. Vorangetrieben wurde die Entwicklung ab 2004 durch die regelmäßig stattfindende DARPA-Challenge in Amerika. Dieser Wettbewerb wird vom amerikanischen Verteidigungsministerium veranstaltet.

Was bedeutet „Platooning“?

Nutzfahrzeuge werden mit einer „elektronischen Deichsel“ miteinander verbunden. Der erste LKW wird von einem Fahrer gelenkt. Die anderen werden autonom synchron zum ersten LKW gesteuert. Das spart Personal ein und reduziert so die Kosten. Allerdings sollte gerade in diesem Fall das hohe Unfallrisiko nicht unterschätzt werden. Das mechanische Gegenstück sind Züge mit den einzelnen Wagons sowie Güterzüge. Die Kopplung funktioniert bei modernen Zügen zwar auch schon elektronisch, aber bei weitem nicht so ausgereift wie beim Plattooning. Das Problem ist immer der Notfall. Es müssen so viele Risiken wie möglich vermieden werden.

Welcher Technik bedient sich das automatisierte Fahren?

Das A und O des selbständigen Fahrens ist die Erkennung der Umgebung, um rasch reagieren zu können. Dafür sind Kameras, Lidar-, Radar-, Ultraschall- und Lasersensoren notwendig. Wobei Radar- und Lidarsensoren zur präzisen Abstandsmessung dienen. Die elektronische Ansteuerung von Lenkung, Bremsen und Motor muss ebenfalls gewährleistet sein. Darüber hinaus müssen die aktiven und passiven Systeme steuerungstechnisch miteinander verknüpft sein. Die Sicherheit (IT) muss natürlich ebenfalls gegeben sein.

Inwieweit ist die Fahrstrecke ausschlaggebend?

Autonomes Fahren in der Stadt erfordert eine gewisse Konnektivität zwischen den Fahrzeugen, die sich auf der Straße befinden. Zwischen Fahrzeugen auf einer Kreuzung müssen Signale ausgetauscht werden, sodass es zu keinem Zusammenstoß kommt. Fahrzeuge warnen sich in Gefahrensituationen gegenseitig. Mobilfunknetze überwachen daher den Kreuzungsverkehr sowie ganze Bereiche (Car-to-X Kommunikation). Dabei werden auch Verkehrszeichen, Ampelanlagen oder Parkhäuser miteinbezogen. Die Basis dafür bilden der Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes sowie die Cloud-Basis der IT-Infrastruktur.

Übt die Technik irgendeine Auswirkung auf das Design aus?

Bei halbautonomen Fahrzeugen lässt sich die Instrumententafel einklappen. Komplett autonome Fahrzeuge besitzen kein Lenkrad mehr (Stufe 5). Da das Fahrzeug ja „von alleine“ fährt, kann der Fahrersitz als mobiler Arbeitsplatz genutzt werden und auch so ausgestattet werden. Die Passagiere können sich dann auch einander gegenüber platzieren. Bei längeren Fahrten können die Sitze dann als bequeme Schlafmöglichkeiten umgerüstet werden.

Wie sieht die gesetzliche Situation im Hinblick auf autonomes Fahren aus?

Das Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr aus 1968, das noch immer EU-weit Gültigkeit besitzt, besagt, dass der Fahrer jederzeit die Kontrolle über sein Fahrzeug haben muss. 2016 wurde dieses Übereinkommen dahingehend abgeändert, dass automatisierte Fahrzeuge dann zugelassen werden dürfen, wenn der Fahrer jederzeit die Kontrolle wieder übernehmen kann. Das wird als „überstimmen“ bezeichnet. In Europa sind die diesbezügliche Regelung strikter als in den USA oder China, weil die geografischen Bedingungen ein höheres Gefahrenpotenzial aufweisen als diese Länder.

Woran liegt es, dass trotz der ausgereiften Technik noch immer sehr wenige Fahrzeuge autonom fahren?

Natürlich sind die Fragestellungen, die sich bei Unfällen, etc. ergeben dementsprechend komplex. Wer haftet im Falle eines Unfalls? Momentan ist es so, dass rechtlich gesehen, der Halter nicht haftbar gemacht werden, wenn er nicht im Fahrzeug war. Aber auch technisch gibt es noch einige nicht geklärte Fragen. Wie reagieren automatisierte Fahrzeuge auf das plötzliche Betreten der Fahrbahn durch einen Fußgänger? Die meisten Fahrstrategien sind algorithmisch gesteuert. Versicherungstechnisch ist die Frage der Haftung in Bezug auf die Versicherung noch ungeklärt.

Lassen sich Unfälle durch Automatisierung reduzieren?

Ist die Automatisierung genügend ausgereift, funktioniert das natürlich. Das dauert allerdings noch. Darüber hinaus müssen noch viele Fragen geklärt werden. Eine der Kernfragen steht noch immer im Raum: Weicht ein autonomes Fahrzeug einem Fußgänger aus und nimmt den Totalschaden eines anderen Fahrzeuges in Kauf? Das hängt von den jeweils eingesetzten Algorithmen ab. Diese befehlen dem System, in einem bestimmten Fall eine festgelegte Reaktion zu setzen. Situationen sind aber so wie die Menschen, die involviert sind, unterschiedlich. Alles ist nicht voraussehbar.

Datenschutz ist ein wesentlicher Faktor!

Durch die Cloud-basierte Kommunikation werden Daten übertragen. Dazu bedarf es eines leistungsfähigen und stabilen Netzes sowie einer hohen Datensicherheit. Die Gefahr von Hackern und Rückfallebenen müssen ausgeschlossen werden können. Einige Details zu den Standards und Richtlinien befinden sich noch in Ausarbeitung.

Welche Hersteller befassen sich mit autonomem Fahren?

Dazu gehören Daimler, Volkswagen, Tesla, Mercedes, Volvo sowie GM. Diverse technische Unternehmen wollen natürlich auch ihren Teil vom Kuchen abhaben. Technologiekonzerne, wie zum Beispiel Google (Waymo) sowie der Taxiservice Uber sind technisch ebenfalls auf demselben Stand wie die Produzenten. Automobilzulieferer, wie zum Beispiel Schaeffler, ZF, Continental oder Bosch befassen sich schon jahrelang mit entsprechenden Teil- oder Komplettsystemen.

KI – Künstliche Intelligenz, das Kernstück des autonomen Fahrens

Bei günstigen Umgebungsbedingungen liefern die Sensorsysteme bereits sehr gute Resultate. Schneefall oder fehlende Markierungen sind noch ein Problem. Neuronale Netzwerke sollen dabei helfen. Die Sensornetzwerke bedienen sich des Deep Learnings, um die Trefferquote in Bezug auf die Erkennung von Objekten, Personen oder Richtungen zu verbessern.

Wie sieht der Markt für automatisiertes Fahren aus?

Die Absatzprognosen gestalten sich aufgrund der maßgeblichen unterschiedlichen Faktoren dementsprechend schwierig. Ab 2030 sollte autonomes Fahren aber bereits zum Alltag gehören. 2035 werden 6,5 Millionen Fahrzeuge mit Level 4 und 4,5 Millionen mit Level 5 anvisiert. Kleinbusse und Robo-Taxis mit fixen Haltestellen und in einem vordefinierten Bereich wird sicher rascher ausweitbar sein. Tatsächlich befindet sich bereits ein halbautomatisierter Shuttleverkehr im bayrischen Bad Birnbach im Einsatz. In der Millionenstadt Singapur ist seit 2016 ein Robotaxi auf dem Universitätsgelände erfolgreich im Einsatz.

Wie wird sich die Mobilität ändern?

Funktioniert das System technisch und rechtlich einwandfrei, werden auch Gebiete, die schwer zu befahren sind, angefahren werden können. Das erleichtert das Leben der Menschen vor Ort spürbar und eröffnet ihnen neue wirtschaftliche und soziale Möglichkeiten. Der Bildungsgrad wird ebenfalls steigen. Darüber hinaus erleichtert es den Alltag und spart Zeit. Die Menschen können diese Zeit mit anderen Dingen sinnvoll nutzen. Kosten werden eingespart, die andere Investitionen möglich machen. Die Wirtschaft wird eine gewaltige Veränderung durchlaufen.

Fazit

In Singapur funktioniert das Robotaxi auf dem Unigelände hervorragend. Ausländische Lehrer und Studenten sind begeistert. Singapur gilt als die Welthauptstadt der Zukunft. Sie erinnert stark an Science-Fiction-Filme. Bis jetzt fahren die Robotaxis festgelegte Strecken mit wenig Potenzial für Unfälle. Deshalb funktioniert autonomes Fahren auf dem Unigelände sehr gut. In Europa wird es allerdings noch eine ganze Weile dauern, bis autonomes Fahren auch zum Alltag gehören wird. Werden die größten Risiken ausgeschlossen, stellt autonomes Fahren eine sichere, zukunftsweisende Möglichkeit dar.